Mich erschreckt, was gestern passiert ist. Ja, Polizei-Pannen hat es weiß Gott mehr als genug gegeben im Fall Stephanie, das ist sicher. Und es fing nicht damit an, dass man den Häftling nicht im Griff hatte, sondern damit, dass man den Eltern nicht glaubte, dass eine Vierzehnjährige nicht immer vorsätzlich von daheim verschwindet. Das meine ich aber nicht.
Ich finde es erschreckend, wie viele Leute, die ich bis dato für aufrechte Demokraten und liberale Menschen hielt, plötzlich Fangschüsse oder „Rübe ab“ forderten und sich mächtig darüber aufregten, dass dem Gefangenen noch eine Decke gereicht wurde. Ja, es erschreckt mich wirklich. Natürlich ist klar, dass Mario M. voll schuldfähig ist und dass er die Tat begangen hat. Aber das Verfahren läuft noch!
Es ist Kern unserer demokratischen Gesellschaft, dass jeder das Recht auf einen fairen und gewaltlosen Prozess hat. Dieser Prozess läuft noch. Auch Stephanie hat das Recht darauf, ein Kapitel in ihrem Leben „gesühnt“ und abgeschlossen zu wissen. Das kann nur eine lückenlose Aufarbeitung ALLER Polizeipannen bedeuten, das kann nur ein Richterspruch tun. Und mit Sicherheit NICHT ein Mob wütender Leute, die den Täter vom Dach stürzen wollen. Gruselig.
Polizeisprecher Thomas Herbst betonte immer wieder, der Mann solle unversehrt vom Dach geholt werden, weil er sich in einem rechtsstaatlichen Prozess seiner Taten verantworten müsse. Und auch ein Straftäter habe das Recht auf körperliche Unversehrtheit – so schlimm die Taten auch seien, die Mario M. begangen habe. (focus.de)
Hallo Nicole,
ich war genau so erschrocken wie Du.
Vor allem hat mich der (G)Eifer von einigen geschockt, die sich selber als „gläubig“ und „christlich“ bezeichnen.
Hallo Nicky,
ich folge Deiner Argumentation und habe doch eine etwas differenziertere Sichtweise der Dinge. Es kann nicht sein, dass man einen Täterschutz über den Opferschutz stellt. Den Worten Stephanies Vaters war die geballte Fassungslosigkeit und Entsetzen zu entnehmen, wie muss das ganze erst auf ein 14-jähriges mehrfach brachial geschändetes und seelisch zerstörtes Kind wirken. Im Grundgesetz steht, dass die Würde des Menschen unantasbar sei, das sollte aber im Zweifelsfall für das Opfer angewendet werden. Eine Decke und Warmgetränke, sowie stundenlanger Plausch mit 2 Psychologen in einem Rettungskorb halte ich definitiv nicht für angemessen. Schließlich hatte dieser menschenverachtende Schänder zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit seine Aktion abzubrechen. Zumindest das Besteigen des Daches durch Polizisten hätte erfolgen müssen. Ich kann nicht akzeptieren, dass sich ein Rechtsstaat derart vorführen lässt – neben all den anderen Pannen, die vorher schon passiert sind.
Liebe Grüße
Ela